94% mehr Todesfälle durch Alzheimer als vor 20 Jahren: Kosten, Gründe, Prävention und bald Medikation?
Bei Spacegarden dreht sich alles um Longevity, also das Ziel, ein gesundes, aktives und zufriedenes Leben zu leben und das so lange wie möglich. Kurz gesagt, geht es darum, die Gesundheits-Spanne zu verlängern. Was diesem Ziel einen ordentlichen Strich durch die Rechnung macht, ist Demenz und besonders die häufigste Form davon, nämlich Alzheimer.
Alzheimer stellt eine immer größere Herausforderung dar, die sowohl unsere Gesundheitssysteme als auch die Gesellschaft massiv belastet. Die alarmierende Zunahme der Todesfälle (94 % mehr in 20 Jahren) und die explodierenden Kosten machen deutlich, dass wir dringend handeln müssen. Lies jetzt alles über die Zahlen, Fakten, Kosten und was du selbst zur Prävention tun kannst. Außerdem gehen wir auf die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse ein. Unter anderem soll es vielleicht bald ein erstes ursächlich wirkendes Alzheimer-Medikament in der EU geben.
Die wichtigsten Erkenntnisse aus dem Artikel in der Zusammenfassung:
94 % mehr Alzheimer-Todesfälle in den vergangenen 20 Jahren, vorwiegend wegen der alternden Bevölkerung. Über 9.200 Menschen starben 2021 daran.
Hohe Kosten: 2020 lagen die gesellschaftlichen Kosten für Demenz bei 83 Milliarden Euro, mit einem Anstieg auf bis zu 195 Milliarden Euro bis 2060 prognostiziert.
14 Risikofaktoren: Dazu gehören Bluthochdruck, Übergewicht, Diabetes, soziale Isolation und ungesunde Lebensweise.
Bewegung als Prävention: Regelmäßige körperliche Aktivität kann Alzheimer vorbeugen, indem sie die Hirndurchblutung und -verbindungen verbessert.
Neue Therapieansätze: Das Medikament Lecanemab könnte in der EU zugelassen werden, birgt aber Risiken und wird kritisch diskutiert.
Zum Verständnis: Was ist der Unterschied zwischen Alzheimer und Demenz
Am Anfang des Artikels erklären wir dir zum Verständnis einmal den Unterschied zwischen Alzheimer und Demenz. Denn diese beiden Begriffe werden oft synonym verwendet oder sogar verwechselt.
Der Hauptunterschied zwischen Alzheimer und Demenz liegt darin, dass Demenz ein Oberbegriff für eine Gruppe von Symptomen ist, während Alzheimer eine spezifische Krankheit ist, die diese Symptome verursachen kann.
Demenz: Bezeichnet den allgemeinen Rückgang von kognitiven Fähigkeiten wie Gedächtnis, Denken, Sprache und Entscheidungsfindung, der so schwerwiegend ist, dass er das tägliche Leben beeinträchtigt. Es gibt viele Arten von Demenz, darunter vaskuläre Demenz, Lewy-Körper-Demenz, Frontotemporale Demenz.
Alzheimer: Die häufigste Form der Demenz, die etwa 60–80 % aller Fälle ausmacht. Sie ist eine fortschreitende neurologische Erkrankung, bei der das Gehirn schrumpft und Nervenzellen absterben, was zu einem allmählichen Verlust von Gedächtnis und kognitiven Fähigkeiten führt.
Zusammengefasst: Alzheimer ist eine spezifische Krankheit, während Demenz ein breiter Begriff für Symptome ist, die durch verschiedene Krankheiten oder Verletzungen verursacht werden können, einschließlich Alzheimer.
Laut Statistischem Bundesamt: 94% mehr Todesfälle durch Alzheimer als vor 20 Jahren
Der besagte Bericht¹ vom Statistischen Bundesamt wurde im Jahr 2023 am 19. September zum Welt-Alzheimertag veröffentlicht.
Darin wird erklärt, dass die Zahl der Todesfälle durch Alzheimer in den letzten 20 Jahren um 94 % gestiegen ist. 2021 sind mehr als 9.200 Menschen in Deutschland an dieser unheilbaren Demenzerkrankung gestorben. Der Anstieg wird vor allem mit dem demografischen Wandel in Verbindung gebracht. Die Bevölkerung wird älter, und damit steigt das Risiko für Alzheimer-Erkrankungen deutlich.
Auch interessant: Die Zahl der Menschen, die in Deutschland ein Alter von über 80 Jahre erreicht haben, ist im gleichen Zeitraum um 88 % gestiegen, was die starke Zunahme der Todesfälle im Kontext des demografischen Wandels noch mehr erklärt.
Weitere wichtige Zahlen und Fakten aus dem Bericht des Statistischen Bundesamtes:
Krankenhausbehandlungen wegen Alzheimer: Die Zahl der stationären Krankenhausbehandlungen ist in den vergangenen 20 Jahren um 82 % gestiegen. Im Jahr 2021 wurden rund 18.700 Menschen stationär behandelt.
Rückgang während der Pandemie: 2020 und 2021 gab es einen Rückgang der Behandlungsfälle aufgrund der Corona-Pandemie, da Krankenhäuser Betten für COVID-19-Patienten freihielten und viele geplante Behandlungen verschoben wurden.
Todesfälle: 2021 starben mehr als 9.200 Menschen an Alzheimer in Deutschland. Das sind 94 % mehr als vor 20 Jahren.
Demografischer Wandel: Der Anstieg ist auch auf die Alterung der Bevölkerung zurückzuführen. Die Zahl der Menschen ab 65 Jahren stieg seit 2001 um 31 %, und die Altersgruppe ab 80 Jahren wuchs sogar um 88 %.
Alter der Patienten: Rund 89 % der Alzheimer-Patienten im Krankenhaus waren 70 Jahre oder älter. Besonders häufig waren die 80- bis 84-Jährigen (30 % aller Fälle).
Wie hoch sind die finanziellen Auswirkungen der vielen Demenzerkrankungen in Deutschland?
Bei unseren Recherchen zu diesem Artikel haben wir auch den Demenz-Bericht² des DZNE (Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen) gefunden. Dieser wird stetig aktualisiert und auf dem neuesten Stand gehalten.
In diesem steht, was die Kosten für Demenz in Deutschland gegenwärtig sind und in Zukunft voraussichtlich sein werden:
Die Kosten für Demenz in Deutschland
Im Bericht des DZNE steht, dass die Kosten für Demenz in Deutschland im Jahr 2020 bei etwa 83 Milliarden Euro lagen, was mehr als 2 % des Bruttoinlandsprodukts ausmacht. Diese „gesamtgesellschaftlichen Kosten“ umfassen die Ausgaben der Kranken- und Pflegekassen sowie den Wert der unbezahlten Pflege, die meist von Angehörigen geleistet wird. In Zukunft könnten die Kosten laut Prognosen bis zum Jahr 2040 auf rund 141 Milliarden Euro und bis 2060 auf etwa 195 Milliarden Euro ansteigen.
Die Risikofaktoren für Demenz
In der Faktenzentrale Demenz der DZNE² steht ebenfalls, was die häufigsten Risikofaktoren sind, die zu einer Demenzerkrankung führen könnten. Wir haben diese im Folgenden für dich aufgelistet:
Hier ist eine detaillierte Auflistung der 14 Risikofaktoren für Demenz aus dem Bericht des DZNE und was sie bedeuten:
Bluthochdruck : Schädigt die Blutgefäße im Gehirn und kann zu Durchblutungsstörungen führen.
Übergewicht : Fördert Entzündungen und belastet das Herz-Kreislauf-System, was das Demenzrisiko steigert.
Diabetes : Hoher Blutzucker schädigt die Blutgefäße, auch im Gehirn, und erhöht das Risiko für Demenz.
Schwerhörigkeit : Kann zu sozialer Isolation und kognitiven Beeinträchtigungen führen, was das Gehirn belastet.
Luftverschmutzung : Schadstoffe in der Luft können Entzündungen im Gehirn auslösen und das Demenzrisiko erhöhen.
Geringe Bildung : Weniger Bildung bedeutet oft geringere kognitive Reserven, was das Gehirn anfälliger für Demenz macht.
Soziale Isolation : Wenig soziale Kontakte und Einsamkeit können sich negativ auf die mentale Gesundheit auswirken.
Rauchen : Die Giftstoffe im Tabak schädigen die Blutgefäße und beschleunigen den kognitiven Abbau.
Alkoholkonsum : Hoher Alkoholkonsum beeinträchtigt die Gehirnfunktion und erhöht das Risiko für Demenz.
Kopfverletzungen : Verletzungen, die das Gehirn betreffen, erhöhen das Risiko für langfristige kognitive Schäden.
Depressionen : Psychische Erkrankungen können das Risiko für kognitive Störungen und Demenz erhöhen.
Schlafstörungen : Schlechter oder unzureichender Schlaf stört die Erholungsprozesse des Gehirns und erhöht das Risiko.
Ungesunde Ernährung : Fehlende Nährstoffe und ungesunde Essgewohnheiten belasten das Gehirn und den Körper.
Körperliche Inaktivität : Wenig Bewegung führt zu schlechterer Durchblutung und vermindert die Gehirnaktivität.
Das bedeutet, dass viele dieser Faktoren mit Lebensstil und Umwelt zusammenhängen und theoretisch beeinflussbar sind. Experten schätzen, laut DZNE² dass etwa 45 % aller Demenzerkrankungen vermeidbar oder zumindest hinauszögbar wären, wenn diese Risikofaktoren kontrolliert werden.
Weitere wichtige Fakten aus dem Bericht des DZNE in einer übersichtlichen Aufzählung:
Gesamtzahl der Betroffenen (2023): Etwa 1,8 Millionen Menschen in Deutschland haben Demenz.
Altersverteilung: In der Altersgruppe ab 65 Jahren sind etwa 1,7 Millionen betroffen.
Demenz tritt überwiegend im höheren Alter auf, ist aber auch bei jüngeren Menschen möglich, jedoch selten.
Geschlechterverteilung: Zwei Drittel der Betroffenen sind Frauen.
Der Grund für den höheren Anteil an Frauen liegt in deren längerer Lebenserwartung.
Regionale Unterschiede: Die Verteilung von Menschen mit Demenz variiert regional in Deutschland, was auf die Altersstruktur der jeweiligen Bevölkerungen zurückzuführen ist. Kurz gesagt: In Gebieten mit einer älteren Bevölkerung gibt es tendenziell mehr Demenzfälle, während Regionen mit einer jüngeren Bevölkerung weniger davon betroffen sind.
Kann man Alzheimer durch Bewegung vorbeugen?
Da Alzheimer die häufigste Form von Demenz ist, haben wir zusätzlich einen Bericht von der Alzheimer Forschung Initiative e.V. (AFI)³ analysiert. In diesem wird beschrieben, wie man durch Bewegung Alzheimer vorbeugen kann. Und hier sind die wichtigsten Punkte übersichtlich für dich zusammengefasst:
Warum Bewegung hilft: Regelmäßige körperliche Aktivität verbessert die Durchblutung des Gehirns, regt Hormone an, die die Verbindungen zwischen Nervenzellen fördern, und unterstützt das Zellwachstum im Hippocampus, dem Lernzentrum des Gehirns. Das alles stärkt die Denkleistung und macht das Gehirn widerstandsfähiger.
Weitere Vorteile: Sport senkt den Blutdruck, schützt vor Übergewicht und Diabetes und verbessert das allgemeine Wohlbefinden, was alles indirekt das Demenzrisiko verringern kann.
Empfehlungen der WHO: Erwachsene sollten wöchentlich 150 Minuten moderat trainieren (z.B. Spaziergänge, Radfahren) oder 75 Minuten intensiv. Zwei- bis dreimal pro Woche Krafttraining für die wichtigsten Muskelgruppen wird ebenfalls empfohlen. Für Menschen über 65 sind Übungen für Gleichgewicht und Koordination wichtig.
Geeignete Sportarten: Es gibt keine spezielle Sportart, die am besten ist. Wichtig ist, dass dir die Bewegung Spaß macht, damit du langfristig dabei bleibst. Beliebte Optionen sind Schwimmen, Laufen, Radfahren, Yoga, Pilates, Tanzen oder auch Seniorengymnastik. Diese Sportarten verlängern dein Leben .
Quellen: Der Bericht bezieht sich unter anderem auf die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und deren Empfehlungen zur körperlichen Aktivität
Du kannst also selbst auch etwas tun, um der tückischen Krankheit vorzubeugen. Aber auch die Wissenschaft arbeitet fleißig an Lösungen. Wir haben dir ein paar neue wichtige Meldungen aus der Wissenschaft zusammengefasst. Unter anderem gibt es die Hoffnung auf ein erstes ursächlich wirkendes Alzheimer-Medikament in der EU.
Neue Fortschritte bei der Alzheimer-Bekämpfung aus der Wissenschaft
Verbesserte Diagnostik durch PET: Die Positronen-Emissions-Tomografie (PET) hat einen neuen Durchbruch in der Alzheimer-Diagnostik erreicht. Mit einer Genauigkeit von 85 % kann sie jetzt besonders zuverlässig ausschließen, dass Patienten in den nächsten drei Jahren an Alzheimer erkranken, wenn der Befund unauffällig ist. Diese Methode bringt in der oft unsicheren Frühphase einer Demenz endlich mehr Klarheit. Das hat eine Studie der Universität Nancy⁴ herausgefunden.
Neue Hoffnung für Alzheimer-Medikamente: Es könnte bald ein erstes ursächlich wirkendes Alzheimer-Medikament in der EU geben. Dabei geht es um den monoklonalen Antikörper Lecanemab, der darauf abzielt, die krankhaften Amyloid-beta-Ablagerungen im Gehirn von Alzheimer-Patienten zu reduzieren.
Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA)⁵ hatte bisher die Zulassung von Lecanemab abgelehnt, weil die Nutzen-Risiko-Bewertung negativ ausfiel. Nun muss die EMA auf Antrag des Pharmakonzerns Eisei ihre Entscheidung noch einmal überprüfen.
In den USA ist Lecanemab übrigens seit 2023 bereits zugelassen, aber die Meinungen von Alzheimer-Experten sind geteilt: Die Wirkung des Medikaments wird als eher gering eingestuft, da es die Entwicklung von Morbus Alzheimer nur verzögert.
Gleichzeitig gibt es ein deutliches Risiko von Nebenwirkungen. Dennoch wird Lecanemab als ein potenzieller Meilenstein angesehen, weil es sich um eine der ersten ursächlichen Therapien handelt, die gegen die zugrunde liegenden Mechanismen von Alzheimer wirken könnte.
Wissenschaftliche Quellen:
1: Quelle: Statistisches Bundesamt Titel: 82 % mehr Krankenhausbehandlungen mit der Diagnose Alzheimer binnen 20 Jahren Link: https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/Zahl-der-Woche/2023/PD23_38_p002.html
2: Quelle: DZNE (Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen) Titel: Faktenzentrale Demenz Link: https://www.dzne.de/aktuelles/hintergrund/faktenzentrale/
3: Quelle: Alzheimer Forschung Initiative e.V. Titel: Alzheimer vorbeugen durch Bewegung Link: https://www.alzheimer-forschung.de/alzheimer/vorbeugen/bewegung/
4: Quelle: Alzheimer's Research & Therapy Titel: Tau-PET and in vivo Braak-staging as prognostic markers of future cognitive decline in cognitively normal to demented individuals Link: https://alzres.biomedcentral.com/articles/10.1186/s13195-021-00880-x
5: Quelle: European Medicines Agency Titel: Leqembi Link: https://www.ema.europa.eu/en/medicines/human/EPAR/leqembi